Wundverschluss beim Gehölzschnitt?
Diese Frage wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Hierzu einige Gedanken und Tipps:
Windbruch, Frosteinwirkung oder Wildfraß fügen jedem Baum auf natürliche Weise Wunden zu. Der Baum verschließt diese Wunden aus eigener Kraft. Die betroffenen Bereiche werden abgeschottet und Harze ausgeschieden, um ein Eindringen von Keimen und Wasser zu verhindern. Die Wunde wird dann langsam mit Narbengewebe verschlossen.
Wie bei uns Menschen kann es aber auch hier zu Krankheiten durch offene Wunden kommen. Pilzkeime und Fäulnisbakterien, die sich während der Zeit der natürlichen Wundheilung einnisten können, sind die größten Feinde. Eindringende Feuchtigkeit fördert das Wachstum dieser unerwünschten Keime. Wir Gärtner fügen dem Baum durch Schnittmaßnahmen unnatürlich viele Wunden zu. Dadurch steigt auch die Gefahr einer „Infektion“ deutlich an. Es kann zur Fäule im Gehölz kommen, die im Laufe der Zeit, meist in Jahren, bis zum Totalverlust des Baumes führen kann. Das Fatale daran: eine Fäulnis ist von außen häufig nicht sichtbar.
In einer Obstplantage fällt der Verlust von z.B. 10 Bäumen als Spätfolge von Schnittmaßnahmen kaum ins Gewicht. In unserem Kleingarten aber trifft uns der Verlust nur eines Baumes, den wir liebevoll ausgewählt, gepflanzt und groß gepflegt haben, umso schwerer.
Wir sollten daher bei jeder Schnittmaßnahme genau überlegen, ob wird ein Wundbehandlung durchführen oder das Risiko eines kranken Baumes eingehen. Für die Wundbehandlung wird der Wundrand mit einem Messer glatt geschnitten, damit das Narbengewebe besser und gleichmäßig wachsen kann. Durch einen schützenden Wundverschluss, einem „Pflaster“, werden Feuchtigkeit und Keime abgehalten. Unter dem Wund-Pflaster heilt die Wunde, indem der Baum ungestört sein eigenes Wund- und Narbengewebe ausbildet.
Im Handel findet man verschiedene Mittel zum Wundverschluss bei Gehölzen.
Mitteln auf Basis natürlicher Harze sind gegenüber synthetischen Mitteln in der Wirkung deutlich überlegen. Biologische Wundverschlussmittel bestehen aus den gleichen Harzen, die verletzte Bäume von Natur aus absondern. Diese töten Bakterien und Pilze sehr schnell und effektiv ab. Außerdem verbinden sich die elastischen Harze außergewöhnlich gut mit dem Holz, so dass die Wunde wasserdicht verschlossen wird und dies auch dauerhaft bleibt. So genannte Wassertaschen, die durch eindringende Feuchtigkeit infolge rissiger Wundmittel entstehen, sind bei Natur-harzen ausgeschlossen.
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Die Zeit heilt alle Wunden…aber nicht bei Bäumen!
Ist die Wunde erst einmal da, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Gehölz versucht, den Schaden auf einen möglichst kleinen Ort zu begrenzen sowie das Eindringen und die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Der Ausgangszustand wird jedoch nie mehr erreicht; Leitungsbahnen bleiben gekappt. Die Wunden heilen also nicht, sie verschließen sich bestenfalls.
Gehölze versuchen sich passiv und aktiv vor Schaderregern zu schützen. Passiven Schutz bietet die Borke oder bei einigen Arten das Kernholz, das schützende Stoffe enthält (z.B. bei der Eiche).
Die aktive Verteidigung kann nur von lebenden Zellen durchgeführt werden. Ausgelöst durch einen Schaden kommt es zu verschiedenen Wundreaktionen. Dies sind bei Gehölzen im Wesentlichen die Abschottung im Holz (Kompartimentierung) sowie die Überwallung der Wunde vom Wundrand aus. Bei der Abschottung werden die verletzten Leitungsbahnen vom lebenden Gewebe getrennt und versiegelt. Zum Beispiel werden schützende Substanzen eingelagert, Gefäße „verstopft“ oder Harze ausgeschieden. Bei der Überwallung versucht die Pflanze die Wunde zu überwachsen und zu verschließen.
Ein gutes Wachstum am Wundrand bedeutet jedoch noch keine effektive Abschottung. Apfel oder Weide bilden an den Wundrändern meist starke Überwallungswülste. Das Holz wird aber nur schwach abgeschottet (schwache Kompartimentierung). Eine vollständige Überwallung kann Jahre dauern. In dieser Zeit ist das Holz schutzlos.
Effektive Kompartimentierer sind z.B. Berg- und Feldahorn, Buche, Eiche, Linde, Hainbuche, Weißkiefer, Platane und Eibe. Aber auch bei diesen Arten ist bei Wunden größer 15cm eine Wundfäule schneller als Abschottung und Wundverschluss. Nur bei Eiche und Platane sind unter Umständen Wunden größer als 15 cm möglich.
Schwache Kompartimentierer sind z.B. Spitzahorn, Silberahorn, Rosskastanie, Weißbirke, Esche, Apfel, Fichte, Weiden und Pappeln. Wunden sollten hier am besten kleiner als 5 cm sein.